Moderner Altbau

29. September 2014 Mehr

 

Zum Henschel geht man in Darmstadt seit nahezu 80 Jahren, wenn man sich neu einkleiden möchte. Nun wurde das imposante Jugendstilgebäude am Marktplatz umfassend umgebaut und revitalisiert – mit neuem Markenauftritt und klarer Formensprache. Der Umbau wurde von dem Stuttgarter Architektur- und Innenarchitekturbüro Blocher Blocher Partners entwickelt und umgesetzt, Logo und Corporate Design von der Kommunikationsagentur View.

Nach wie vor ist das Darmstädter Traditionsunternehmen in Familienbesitz. Nachdem die Familie Ropertz bereits 2004 ausgeschieden war, lag eine strategischen Neuausrichtung des Unternehmens nahe, die nun auch in die Umbenennung von Henschel & Ropertz in Henschel und eine umfassende Neugestaltung des Hauses mündete.
Bereits 2008 hatten die Geschäftsführer Dr. Moritz Koch und Kai Brune das Restaurant im 4. Stock geschlossen, die Sportabteilung aufgegeben und sich von Haustextilien im Sortiment getrennt, um das eigene Profil zu stärken. Im März 2012 wurde die Young Fashion in einen benachbarten, 700 m2 großen Laden „Gegenüber vom Henschel“ ausgegliedert. Danach begann der Umbau des Haupthauses.

An der Jugendstilfassade ist nun der neue, verkürzte Schriftzug des Unternehmens zu finden. Das überarbeitete Logo und die starke Primärfarbe, ein ins Violett changierendes Dunkelrot, vermitteln den neuen Henschel-Spirit direkt am Point of Sale aber auch auf Briefpapier, Kundenkarten, Website und Retailgrafiken – ein selbstbewusster Markenauftritt auf allen Vertriebskanälen.
Selbstbewusst präsentiert sich auch das Haus selbst. Dank einer viergeschossigen Glasfuge erreicht der neue Haupteingang an der Ernst-Ludwig-Straße die imposante Höhe von 18 Metern. Der zweite Eingang am Marktplatz wurde bündig zur Fassade nach vorne verlegt, um ihm so mehr Präsenz zu verleihen. Die großzügige Glasfassade und die klassischen Rundbogenfenster lassen nun noch mehr Tageslicht ein.

Im Innern ging es vor allem darum, die Orientierung zu vereinfachen. Dies gelang zum einen durch die Verlegung des Erschließungskerns an die Gebäudeperipherie, wodurch auch die Verkaufsflächen vom Erdgeschoss bis zum vierten Geschoss merklich vergrößert werden konnten. Durch Verzicht auf die abgehängte Decke wuchs die Raumhöhe im Erdgeschoß auf durchgehend 3,80 Meter, wodurch auch die zeitlose Eleganz des Altbaus betont wird.
Vom Haupteingang gelangen Kunden direkt auf die Marc O’Polo Shopfläche, neben Opus, und Tommy Hilfiger übrigens der einzige verbliebene Markenshop bei Henschel.
Das Modehaus präsentiert sich nach wie vor als Haus der Marken, nur mussten sich diese der Gesamtkonzeption unterordnen bzw. wurden so geschickt in das Gesamtbild integriert, dass sie auch optisch als Teil des Ganzen wahrgenommen werden.

Bei Marc O’Polo kommunizieren Fischgratparkett und Vintage-Schränke kontemporären Klassizismus. Eine schwarze Rahmenkonstruktion bildet einen filigranen Raum im Raum, der fast an ein Gewächshaus erinnert. Sie definiert die Fläche, gewährt aber auch Einblicke in das Zentrum der Abteilung. Estrich und Eichenboden strukturieren den Raum. Offene, schwarze Deckensegel auf weißen Deckenschollen – im Mittelfeld zum Teil mit Stuckprofilen ausgearbeitet – setzen diese Struktur über den Köpfen fort. Mittelraumwände in Mint-Grau und drei Fokuswände, von der Stuttgarter Künstlerin Rosemarie Flohr mit Ornamentstrukturen veredelt, komplettieren die Raumteilung gemeinsam mit großen ovalen Stützen in Rillenoptik. Hummerfarbene Metallbarren, kniehohe Mittelraumkuben und filigrane Tische setzen moderne Akzente.
Das Mobiliar wurde extra für Henschel entwickelt. Ehrliche Materialien wie Holz, Glas, Stein, Beton und Stahl betonen die Wertigkeit der Ware. Viele mit Liebe und Sorgfalt ausgesuchte Details fallen erst auf den zweiten Blick auf: Weiß bemalte Türen dienen etwa als Präsentationsfläche für liegende Ware, angemalte Obstkisten als Regalelemente für Taschen.

Für die Beleuchtung kamen LED-Einbauleuchten zum Einsatz, die die Bauherren nicht nur dank der allseits bekannten Energieeffizienz sondern auch mit ihrer guten Beleuchtungsstärke und angenehmen Lichtfarbe überzeugten.
Outdoor und Sportswear für Damen, Kinderbekleidung sowie Wäsche und Strümpfen befinden sich im dritten und vierten Obergeschoss und zeigen sich wenige Wochen nach Fertigstellung des Obergeschoßes ebenfalls im neuen Look.
Der größte Teil der Neuerungen wurde jedoch in Maßnahmen investiert, die für den Kunden nicht sichtbar sind – etwa in Energieeffizienz, Sicherheit und Brandschutz. Für mehr Sicherheit sorgen etwa aufwändige Stahlträger und ein neues Treppenhaus ersetzt die früheren, zu schmalen Nottreppenhäuser. Neue Versorgungsleitungen hinter den Deckenverkleidungen entsprechen modernen Standards, LED-Leuchten verbrauchen deutlich weniger Strom und durch die ebenfalls erneuerte Klimaanlage mit Wärmetauscher werden nun 80 % der Wärme im Haus zurück gewonnen. Henschel ist es damit nicht nur gelungen, der alten Retailfläche einen zeitgemäßen Anstrich zu verleihen – sondern die gesamte Immobilie optisch und technisch zu modernisieren – ohne dabei ihre Historie zu verleugnen.

FACTS
Projekt: Modehaus Henschel
Adresse: Marktplatz 2, 64283 Darmstadt
Architektur/Innenarchitektur: Blocher Blocher Partners
Corporate Design, Leitsystem: Blocher Blocher View
Ladenbau: Hoffmann Ladenbau
Beleuchtung: D&L-Lichtplanung
Gesamtfläche: rund 13.700 m2
Verkaufsraum rund 9000 m2
Baubeginn: März 2012
Eröffnung: 24. April 2013
Investition: ca. 11 Mio. Euro

Fotos: Nikolaus Koliusis / Blocher Blocher View

 

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Kategorie: News

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