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Licht shopstyle Licht planen Experteninterview mit DI Reinhard Vedder von Vedder Lichtmanagement. Der stationäre Handel befindet sich im Umbruch. Was bedeutet das für die Lichtplanung am Point of Sale? Bis vor kurzem galt es, jeden Quadratmeter Verkaufsfläche möglichst produktiv auszunutzen. Heute wird – u.a. auch im Wettbewerb mit dem Online-Handel – nicht mehr auf einen möglichst hohen Warendruck sondern auf das Verkaufserlebnis am Point of Sale immer mehr Wert gelegt. Verkaufsräume werden offener und transparenter. Die Schaufenster werden zu den Flächen hin offen gestaltet. Lichtkuppeln und alte, zugebaute Treppenhäuser werden wieder geöffnet. Dadurch steigt auch der Tageslichtanteil im Geschäft. Und diesen gilt es natürlich von Anfang an mit einzuplanen. Ist es im Retail üblich, von Anfang an einen Lichtplaner hinzuzuziehen? Nein. Gerade im westeuropäischen Raum wird der Lichtplaner meist etwas zu spät kontaktiert. Außerhalb Europas, in den USA oder in Asien wird der Planer ganz selbstverständlich von einem Lichtplaner begleitet. Bei uns ist das nicht üblich. Das war auch nicht notwendig, denn noch in der Bauhauszeit waren Architekten so umfassend ausgebildet, dass sie vom Hochbau über Lichtplanung bis zum Möbeldesign Experten aller Fachrichtung in einer Person waren. Heute wird die Ausbildung der Architekten immer differenzierter – und Lichtplanung nimmt hier beispielsweise einen sehr kleinen Stellenwert im Architekturstudium ein. Wenn nicht der Architekt oder der Lichtplaner – wer entscheidet dann, wie Licht im Verkaufsraum eingesetzt werden soll? Oft ist es tatsächlich nicht der Architekt oder Lichtplaner, der hier entscheidet, sondern der Generalunternehmer oder der Elektroplaner. Und diese setzen ihre Prioritäten natürlich anders. Auch der Bauherr hat oft andere Interessen. Meist geht es ihm – auch verständlich – um möglichst gute Umsätze bei möglichst geringen Investitionen. Dass gerade mit einer frühzeitigen Lichtplanung Investitionen eingespart und Umsätze gesteigert werden können, ist wohl das Paradoxon dieser Branche... Welchen Fehler in der Lichtplanung beobachten Sie häufig? Ein Laden wird oft vom Boden angefangen und dann aufwärts bis zur Decke realisiert. Die Ent- scheidung, welche Strahler montiert werden sollen, fällt dann oft erst in letzter Minute und ohne die Produkte verschiedener Anbieter zu vergleichen. Informiere ich mich dann nicht bei einem unabhängigen Berater, sondern lediglich beim Vertreter eines bestimmten Anbieters, so kann mir dieser bestenfalls die Vorteile seiner eigenen Produkte nennen, nicht aber, was sonst noch am Markt erhältlich wäre. Was kann Licht am Point of Sale? Licht schafft Atmosphäre, bestimmt, ob wir uns in einem Raum wohl fühlen. Kunden erwarten außerdem eine spannende Inszenierung. Mit Licht gelingt es, den Laden emotional aufzuladen, einen Erlebnisraum zu schaffen und Waren gezielt ins Licht zu rücken. Und das sollte mit mindestens ebenso viel Sorgfalt erfolgen wie die Ausleuchtung einer Theater- oder Filmszene! Sanfte oder auch stärkere Kontrastierungen setzen Impulse bei der Navigation durch den Laden und wecken die Neugierde der Kunden, selbst auf Entdeckungsreise zu gehen. Gerade in den USA oder in Asien ist das Ins-Licht-Rücken kleiner Spaß machender Ensembles sehr erfolgreich. Die Ware wird so als etwas Besonderes wahrgenommen und als etwas, das es in dieser Form beim Mitbewerb nicht gibt. Ist das nicht sehr aufwändig? Ein spannendes Lichtkonzept ist nicht aufwändiger zu realisieren als ein langweiliges. Viele Filialisten wünschen sich in erster Linie Konzepte, die sich in kurzer Zeit möglichst überall auf der Welt umsetzen lassen und setzen daher gerne auf unspektakuläre Konzepte. In der Mode aber auch im IT-Bereich beweisen große Unternehmen, dass auch spannende Konzepte hundertfach reproduzierbar sind. Damit wirkt jede neue Filiale lebendig und einzigartig wie ein Concept-Store! Unser Ansatz ist es daher nicht, das Besondere wegzurationalisieren, sondern im Gegenteil, das Besondere rational machbar zu machen. Kann Licht den Umsatz steigern? Absolut. Ein oft noch vernachlässigter, aber ganz wesentlicher Bereich des Verkaufsraums ist beispielsweise die Umkleide. Hier fällt letztlich die Kaufentscheidung. Und zwar dann, wenn sich der Kunde in der Ware gefällt. Dazu muss aber nicht nur das Produkt, sondern auch der Kunde in möglichst vorteilhaftem Licht erscheinen. Ist die Umkleidekabine – wie im Sportbereich derzeit üblich – in dunklen Farben gestaltet, brauche ich auch hier mehr Licht. Dieses wird nicht von den Wänden reflektiert und die Körperkonturen und das Gesicht wirken somit im Spiegel sehr hart. Kurz: Die Umkleide folgt ganz anderen Ladenbaukriterien als der Rest des Verkaufsraums. Und auch das Licht soll hier schmeichelnd wirken und den Kunden nach allen Regeln der (Licht-) Kunst verführen. Vielen Dank für das Gespräch! Foto: Leder & Schuh AG www.shopstyle.at 27


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